Kinderbuch-Rezension

Von Christine Schniedermann

Anton ist sechs Jahre alt und geht in die erste Klasse. Eigentlich findet er sein Leben lässig, denn er hat Zeit. Seine Mutter hingegen hat überhaupt keine Zeit. Schon vor dem Frühstück saust sie durch die Wohnung, um viele Dinge gleichzeitig zu erledigen, während Anton ausschließlich mit dem Essen beschäftigt ist. Seine Mutter wirkt gehetzt, jagt von Termin zu Termin und dauernd fagt sie: „Himmel, wo ist nur schon wieder die Zeit geblieben?“. Anton versteht das alles nicht, denn er hat ja Zeit. Genug Zeit zum Anziehen, zum Spielen, zum Essen.

Immer wieder geraten Mama und Anton aneinander, denn wenn der eine viel und der andere gar keine Zeit hat, dann passt vieles oft nicht zusammen.

Anton möchte dem Geheimnis „Zeit“ auf den Grund gehen. Was ist das? Warum hat Mama keine? Warum wird sie so schnell wütend, wenn sie keine hat? All diese Fragen notiert sich Anton, damit er beim nächsten Besuch im Altenheim Opa danach fragen kann.

Und noch etwas fällt ihm auf: an einem Feiertag hat Antons Mutter plötzlich viel Zeit und gute Laune. Gibt es da einen Zusammenhang?

Die gebürtige Münsteranerin Meike Haberstock hat eine wundervolle und lustige Geschichte zum Thema Alltagsstress und die unterschiedlichen Sichtweisen von Erwachsenen und Kindern geschrieben. Auch die witzigen Zeichnungen rund um Anton, ein Chamäleon und eine Drachenmama stammen von ihr. Um Kindern Zeiteinheiten zu verdeutlichen, greift die Autorin zu ungewöhnlichen Vergleichen wie: „Hannes’ Schimpferei dauerte nicht einmal so lange wie das Aufpumpen eines Fahrradreifens. Die Folgen allerdings dauerten so lang wie eine Fahrradtour, die lange bergauf führt.“ Antons Freund Hannes hatte nämlich im Hort aus Versehen ordentlich sortierte Kisten mit Buntstiften, Filzstiften, Pinseln und Wachsmalern umgeworfen und sie anschließend wieder aufräumen müssen.

Nach Kapiteln, die sich beispielsweise mit der Zeit an einem Feiertag, Zeit für eine Eichhörnchen-Beerdigung oder Zeit im Hort befassen, besucht Anton erwartungsvoll seinen Großvater. Am Ende kommt Anton dem Zeit-Geheimnis näher – wenn auch nicht ganz so, wie er es sich gedacht hatte.